Hier werden sechs ausgewählte Zeitabschnitte vorgestellt, alle zwischen elf und 37 Jahren dauernd. Jeder schildert die Schule in einer neuen Epoche und in gewandelter Umgebung, und hält entscheidende Wendepunkte fest. Es ergibt sich, dass die Schule fast in jedem neuen Abschnitt wieder einen anderen Namen hatte und an einer neuen Adresse untergebracht war. Und vor allem finden sich aus diesen Zeitabschnitten auch Schülerarbeiten, die wohl am besten etwas vom gestalterischen Klima der Zeiten vermitteln.
Wilhelm Bubeck 1850–1891, Architekt
Besuch der Zeichen- und Modellierschule in Basel, Ausbildung zum Architekten am Polytechnikum Stuttgart. Tätigkeit als Architekt im Zentralbüro der Gotthardbahn, in Hannover und in Brüssel. 1881 Wahl zum Direktor der Zeichen- und Modellierschule. Wilhelm Bubeck führt die Schule in die Verstaatlichung als Allgemeine Gewerbeschule Basel und leitet sie bis zu seinem vorzeitigen Tod im grossen Eisenbahnunglück von Münchenstein. Skizzen und Zeichnungen von Baudenkmälern in Basel und auf Reisen: Stadtansichten, Innenräume, dekorative Elemente. Einige von ihnen erschienen in Publikationen zur Architektur. Entwurf der gusseisernen Basiliskenbrunnen für die Stadt Basel, von denen ursprünglich 50 Exemplare gegossen wurden (heute noch 28 in der Stadt).
Paul Artaria, 1892–1959, Architekt und Innenarchitekt
Ab 1906 Lehre als Bauzeichner und Kurse an der Allgemeinen Gewerbeschule, Selbststudium als Architekt, erste Erfahrungen in Architekturbüros in Basel und Lausanne.
1913, nach der Rückkehr von Hans Bernoulli aus Berlin, tritt er in dessen Büro ein und begegnet Projekten von in der Schweiz noch ungewohnten Dimensionen, zum Beispiel des Siedlungsbaus. Selbständigkeit ab 1920, Wettbewerbe und Projekte der Bebauungsplanung, des Wohnungsbaus, von Landhäusern, Aufträge des Kunstkredits für plastische Arbeiten, Bühnenbilder.
1925 Siedlung Habermatten in Riehen (mit Hans Schmidt)
1937 Projekt Schweizer Pavillon an der Weltausstellung Paris 1939 Teilnahme an einem Wettbewerbsprojekt für den Neubau der Allgemeinen Gewerbeschule auf dem Areal Vogelsang. Lehrtätigkeit an der Kunstgewerblichen Abteilung der Allgemeinen Gewerbeschule: Abendkurse Perspektivzeichnen, Ausbildungskurse an der Schlosserfachschule.
Um 1947 Ausbildungsplan für die neu gebildete Fachklasse für Innenausbau nach den gewandelten Bedürfnissen der Zeit.
Paul Artaria gestaltet Zweckbauten ohne Dekoration, in konsequenter Abstimmung von Raumprogramm und Materialien. Frühere Projekte in Stahl- und Eisenbeton, später auch Konstruktionen in Holzbauweise. Auseinandersetzung mit der formalen Gestaltung von handwerklichen Erzeugnissen und Industrieprodukten.
Emil Ruder, 1914–1970, Typograf Lehre als Schriftsetzer
Studienaufenthalt in Paris, Setzereivorsteher in Zürich.
1941-42 Tagesschüler an der Kunstgewerbeschule Zürich, Klassen für Schriftsatz und Buchdruck, Schriftunterricht bei Willimann und Käch.
Ab 1942 Lehrer an der Allgemeinen Gewerbeschule Basel, später Vorsteher der Abteilung kunstgewerbliche Lehrlinge, Initiant der Tagesfachklasse für Buchdruck und der Weiterbildung typografische Gestaltung.
Ab 1965 Direktor der Kunstgewerblichen Abteilung und des Gewerbemuseums.
Mitglied der Jury »Die gute Form« an der Schweizer Mustermesse Basel und der eidg. Kommission für angewandte Kunst, Künstlerischer Berater der PTT-Wertzeichenabteilung. Mitglied in führender Stellung beim Schweizerischen Werkbund (SWB), bei der Association Typographique Internationale (AtypI), beim International Center of the Typographic Arts (ICTA), New York.
Aus seiner Kenntnis der typografischen Avantgarde der Vorkriegszeit und der aktuellen, seither weit fortgeschrittenen Satz- und Drucktechnik entwickelt Emil Ruder ein umfassendes und zusammenhängendes Vokabular der modernen Typografie und trägt massgeblich zu dem bei, was später in der Welt als »Schweizer Typografie« aufgenommen wird. In der eigenen Arbeit und vor allem von seinen Schülern fordert er nachdrücklich einen offenen Sinn für neue Aspekte und Experimente, über die erreichten Erkenntnisse hinaus. Schüler seiner Gestaltungsklasse sind überall auf der Welt tätig.
Armin Hofmann, 1920–2020, Grafiker
1937-43 Kunstgewerbeschule Zürich, Lehre als Lithograf
Ab 1943 Lithograf bei Frobenius Basel, Grafiker im Atelier Fritz Bühler.
1947 Lehrer in der Fachklasse für Grafik an der AGS Basel
1968 Gründer und erster Leiter der Weiterbildungsklasse für Grafik. Gastprofessuren an den Philadelphia Colleges of Art (1956), dem National Institute of Design in Ahmedabed, Indien (1965), an der Yale University, New Haven, Connecticut (erstmals 1966, danach regelmässig). Ehrendoktor der freien Künste der Philadelphia Colleges of Art, Kulturpreis der Stadt Basel.
Armin Hofmann betritt die Szene zu Beginn eines »visuellen Zeitalters«, in dem Foto- und Farbdrucktechnik gerade entscheidende Entwicklungsschritte gemacht haben, und in dem auch die ersten grossen Ateliers der Werbegrafik entstanden sind. Er erkennt, dass Grafik auch die städtische Umwelt mitprägt, und damit die Verantwortlichkeit der Gestalter nicht nur ihren Auftraggebern gegenüber, sondern auch der Öffentlichkeit. Dem geschäftsmässigen Spekulieren auf verwertbare Resultate stellt er subtiles und weit gehendes Untersuchen, Varieren, Kombinieren der Bildwerte gegenüber, das oft zu einzigartigen und präzisen Bildaussagen führt, weit über die Trivialität der üblichen Werbesprache hinaus. Seine Formulierung einer Ethik der Kommunikation leitet mehr als eine Generation von Gestaltern in aller Welt. Neben seiner Tätigkeit als Grafiker und Lehrer gestaltet Hofmann auch Malereien, Reliefs, Plastiken an Bauten, zum Beispiel 1961 am Neubau der Allgemeinen Gewerbeschule Basel.
Wolfgang Weingart, 1941–2021, Typograf
Während seiner Schriftsetzerlehre in Stuttgart lernt Weingart die Arbeiten Armin Hofmanns und Emil Ruders kennen.
1964 schreibt er sich an der Basler Schule ein und erreicht, dass er in ihrer Satzwerkstatt seine eigenen Projekte realisieren kann. In diesen zeigt er sich keineswegs als Adept der Schweizer Typografie, sondern als Gestalter von ganz eigener Prägung: Unter unorthodoxem Einsatz von Satzmaterial und Abziehpresse gestaltet Weingart typografische Bilder nach höchst persönlichen Eindrücken: Landschaften, archäologischen Monumenten, Musik.
Aus den Forschungen wird 1968 eine Lehrtätigkeit an der neu gegründeten Weiterbildungsklasse für Grafik. Seine Schüler, zunächst mehrheitlich US-Amerikaner, führt Weingart auf unerwartetes Terrain: Statt um Ordnungsprinzipien und adäquaten Einsatz typografischer Mittel geht es um Fragen, wie man sich überhaupt einer gestalterischen Aufgabe nähert, und im weitesten Sinn um die Bildung gestalterischer Persönlichkeit. Einmal gefundene Gestaltungsansätze werden in langen Prozessen weiterentwickelt, die Entwürfe auf höchstem handwerklichem Niveau ausgeführt.
Weingart publizierte seine Unterrichtsergebnisse und eigene Arbeiten in vielen Designzeitschriften, hielt Vorträge und lehrte als Gastdozent in Europa, Nord- und Südamerika, Asien, Australien und Neuseeland. Seine Plakate wurden vom Eidg. Departement des Innern ausgezeichnet und sind in den Sammlungen von Museen und Galerien vertreten. 1978-99 war er Mitglied der Alliance Graphique International (AGI), 2005 wurde er vom Massachusetts College of Art in Boston zum Ehrendoktor der freien Künste ernannt.
Hermann Baur, 1894–1980, Architekt
Hermann Baur wurde am 25. August 1894 in Basel geboren und starb am 20. Dezember 1980 in Binningen. Da ihm das Gymnasium verwehrt blieb, machte er von 1910 bis 1917 eine Architekturlehre bei Rudolf Linder, von 1918 bis 1919 war er Hospitant an der ETH Zürich bei Karl Moser und Hans Bernoulli. Von 1921 bis 1927 war er im elsässischen Wiederaufbaugebiet tätig und gründete anschliessend sein eigenes Architekturbüro in Basel. 1934 bezog Hermann Baur im Bruderholz-Quartier mit seiner Familie das selbst geplante Eigenheim, das stark dem Neuen Bauen verpflichtet ist.
Zwischen 1938 und 1944 war er Präsident des Bundes Schweizer Architekten. 1959 bis 1964 hielt er Gastvorlesungen an der ETH Zürich. Hermann Baur beeinflusste das Bild der Stadt Basel mit grossen öffentlichen und Siedlungsbauten wie der Pavillonschule auf dem Bruderholz (1935–1939), dem Bürgerspital (1939–1945), der Genossenschaftssiedlung Jakobsberg (1943–1946) und der Allgemeinen Gewerbeschule, zusammen mit seinem Sohn Hans Peter Baur (1938–1961). Er gilt zudem als ein Erneuerer des katholischen Kirchenbaus und realisierte mehr als 25 Kirchen.
Hermann Baurs Werk wurzelt in der Epoche der Avantgarde und spiegelt die Veränderungen der Architektur des 20. Jahrhunderts wider; nicht ohne den Bezug zu den Vorgängern zu verlieren, gelang es ihm, eine eigene Handschrift zu entwickeln.
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